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Hier finden Sie Erhaltungskulturen von mehr als 600 Arten in über 3.000 Akzessionen. Zu den 112 fett gedruckten Arten informieren wir ausführlich über Biologie, Kulturansprüche, haltende Gärten/Einrichtungen und Wiederansiedlungen.


Gentianella bohemica
(Österreichischer Fransenenzian)

Pflanzenfamilie: Gentianaceae (Enziangewächse)

Biologie

ArtGentianella bohemica
VerbreitungEuropa, Arealanteil Deutschlands 10-33% (Hauptareal) (floraweb.de 2011); Endemit des Böhmischen Massivs, nur im Drei-Ländereck Böhmerwald (Tschechien), Bayrischer Wald (Deutschland) und Mühlviertel (Österreich) (Dolek et al. 2010)
Verbreitungskartein Deutschland: Nationaler Bericht - Bewertung der FFH-Arten, Stand 2007
Höhenverbreitungmontan (Bergland) (floraweb.de 2011); im Bayrischen Wald 700-880 m ü.NN (Dolek et al. 2010)
Natürlicher StandortZwergstrauchheiden und Borstgrasrasen (Hauptvorkommen) (floraweb.de 2011); Borstgrasrasen, mittel-nährstoffreiche und teilweise feuchte Wiesen, trockeneres, basenreicheres Grasland (Bromion und Koelerio-Phleion), magere Rotschwingel-Rotstraußgras-Wiesen (Dolek et al. 2010)
MykorrhizierungWildpflanzen sind mykorrhiziert (Zillig et al. 2010); Gentianaceae zeigen Symbiosen mit Arbuskulärer Mykorrhiza (AM) (Sýkorová et al. 2003)
Beschreibung der Pflanze5-30 cm, Stg verzweigt, Untere Äste lg, Blütenstand daher fast doldig traubig, Blüten 20-45 mm lg, 5-zählig, Kelchzipfel fast gleich, am Rand glatt, deutl. länger als die ungeflügelte Kelchröhre, Kelchbuchten gerundet, Krone 15-40 mm lg, nach oben hin erweitert, meist lila, im Schlund bärtig, Fruchtknoten u. Kapsel 2-6 mm lg gestielt (floraweb.de 2011); blühende Pflanzen erreichen 5–50 cm Höhe, oft verzweigen sie sich schon im unteren Teil, werden reichblütig und die bogig-aufsteigenden Seitenäste führen zu einem kegeligen Aussehen, je nach Wuchsort kommen aber auch langstielig-dünne Exemplare mit wenigen Blüten vor, Blüten 20–35 mm lang, wie beim weit häufigeren Deutschen Enzian sind seine Kronblätter rötlich-violett und auf der Innenseite durch Schlundschuppen („Fransen“) bärtig, die Kelchröhre ist deutlich geflügelt, die fünf Kelchzipfel sind 1- bis 1,5-mal so lang wie die Kelchröhre, ihr Rand ist deutlich zurückgerollt, Fruchtknoten und Samenkapsel sind 2–6 mm lang gestielt, charakteristisch sind die U- bis V-förmigen Buchten zwischen den Kelchzipfeln (bei G. germanica sind sie scharf V-förmig eingeschnitten, bei G. austriaca deutlich U-förmig), seine schmal-dreieckigen bis linealischen Kelchzipfel sind schmäler als bei G. germanica (Dolek et al. 2010)
LebensformHemikryptophyt (floraweb.de 2011)
Lebensdauerbienn (biolflor.de 2011)
Samenbanknach 4 Jahren waren noch 20% der Samen im Boden keimfähig (Dolek et al. 2010)
BlütezeitJuli-Oktober (bioflor.de 2011); Vollblüte in Bayern zwischen Anfang August und September (Dolek et al. 2010)
Bestäubung durchInsekten (floraweb.de 2011); Schwebfliegen, Hummeln (Dolek et al. 2010)
KompatibilitätSelbstkompatibel (biolflor.de 2011)
Blütenbiologiesynözisch, hermaphroditisch (biolflor.de 2011)
Ploidietetraploid, 2n=36 (biolflor.de 2011)
FruchtKapsel (biolflor.de 2011)
Samenreifekeine Angabe
Samengröße0,7 mm (Dolek et al. 2010)
Samengewichtkeine Angabe
SamenmorphologieSame, nicht heteromorph (biolflor.de 2011)
SamenausbreitungSelbst, Wind (floraweb.de 2011); ohne effektive Fernausbreitung (Dolek et al. 2010)
Reproduktiongenerativ (Brunzel 2010); Keimung und Etablierung junger Rosetten erfolgt bevorzugt in Vegetationslücken und an gestörten Stellen (Dolek et al. 2010)
Gefährdungweltweit gefährdet (floraweb.de 2011)
Rote Liste Deutschland1 (vom Aussterben bedroht) (floraweb.de 2011)
GefährdungsursachenStickstoffeintrag, Nutzungsaufgabe, Nutzungsintensivierung (Korneck et al. 1996)
PflegemaßnahmenIn Tschechien wurde von J. Brabec an drei Wuchsorten (Dobrockov, Onsovice, Hroby) und in drei aufeinander folgenden Jahren (2000-2002) ein Versuch mit drei Managementvarianten (Mahd und Bodenverletzung, Mahd, Kontrolle = kein Management) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eindeutig die große Bedeutung der Mahd plus Störung, hier durch einen Eisenrechen von Hand, nur bei dieser Variante konnten sich größere Keimlingszahlen etablieren (BG Marburg: S. Brunzel); in Bayern werden sehr intensive Maßnahmen durchgeführt, die aber bisher noch keinen Durchbruch gebracht haben (Dolek et al. 2010)
Schutzstatusstreng geschützt (floraweb.de 2011)
VerantwortlichkeitDeutschland hat sehr große Verantwortlichkeit (Welk 2002, floraweb.de 2011)Deutschland hat sehr große Verantwortlichkeit (Welk 2002, floraweb.de 2011)
Sonstigesdetaillierte Informationen gibt es beim bayrischen Artenhilfsprogramm (Dolek et al. 2010)

 

Kulturansprüche

Art Gentianella bohemica
Kultur aufwändig
Wasserbedarf keine Angabe
Nässeempfindlichkeit junge Pflanzen im Topf gegenüber erhöhter Feuchtigkeit sehr empfindlich
Dürreempfindlichkeit junge Pflanzen im Topf gegenüber Trockenheit sehr empfindlich
pH-Spezifik keine Angabe
Substratspezifik Aussaaterde-Gemisch: Einheitserde Typ P oder T (26 %), Sand gewaschen (26 %), Lava fein (Körnung 2–4 mm) (16 %), Weißtorf (12,5 %), Kokosfasern (6 %), Lavagrus (Körnung 6–8 mm) (5 %), Rindenkompost (5 %), Schwarztorf (3,5 %), Topfsubstrat-Gemisch: Weißtorf (39 %), Kokosfasern (20 %), Lavagrus (Körnung 6–8 mm) (15 %), Rindenkompost (15 %), Schwarztorf (11 %) (ÖBG Bayreuth: M. Lauerer)
Nährstoffbedarf keine Angabe
Nährstoffempfindlichkeitkeine Angabe
Temperaturansprüche empfindlich gegen hohe Sommertemperaturen (ÖBG Bayreuth: M. Lauerer)
Lichtbedarf keine Angabe
Schädlingsprobleme keine Angabe
Vermehrung durch Aussaat (Ende September bis Ende November) (Brunzel 2010)
Keimungsansprüche keine Angabe
Keimungszeit Frühjahr (ÖBG Bayreuth: M. Lauerer)
Hybridisiert mit keine Angabe
Kritische Lebensphasen Die (Jung-)Pflanzen sind vor allem empfindlich gegenüber Störungen im Wurzelbereich (Verletzungen, Nässe und Trockenheit) sowie hohen Sommertemperaturen (ÖBG Bayreuth: M. Lauerer); in der Natur können Verlustraten bei Keimung sowie Überwinterung der einjährigen Pflanzen sehr hoch sein (Dolek et al. 2010)
Sonstiges Im Herbst geerntete Samen werden kühl und trocken (Kühlschrank) gelagert und im anschließenden Winter (Dezember/ Januar) in Tontöpfe (Durchmesser 13 cm, etwa ¼ der Topfhöhe wird unten mit Torfmoosen und Tonscherben gefüllt) und Anzuchtplatten (QuickPot® QP 77, 40 x 40 x 50 mm) in Aussaaterde ausgesät, dann drei bis vier Wochen in einem Gewächshaus bei einer mittleren Tagestemperatur von 20°C zum Quellen aufgestellt, danach werden die Töpfe in ein unbeheiztes Folienhaus gebracht, wo sie zunächst den kalten, winterlichen Temperaturen ausgesetzt sind (Stratifizierung) und mit den ansteigenden Temperaturen im Frühjahr zu keimen beginnen, die Keimlinge werden möglichst frühzeitig, sobald die Primärblätter etwa 0,5 cm lang sind, einzeln oder zu wenigen in Tontöpfe (Durchmesser 6 cm) in Topfsubstrat pikiert und danach in ein unbeheiztes Gewächshaus gebracht, in dem durch Schattierung eine zu starke Erwärmung im Frühsommer vermieden werden kann, zu Beginn des Sommers bleibt ein Teil der Rosetten in diesem Gewächshaus, ein weiterer wird in Frühbeetkästen gebracht, wo die Tontöpfe in feuchten Sand eingesenkt werden. Soweit nötig werden die einjährigen Rosetten im Sommer in größere Tontöpfe (10 oder 11 cm Durchmesser) in aufgedüngtes Topfsubstrat umgetopft, zur Überwinterung stehen die einjährigen Rosetten wieder im unbeheizten Gewächshaus, im folgenden Frühjahr werden sie erneut getopft (Durchmesser 13 – 14 cm je nach Größe der Pflanze) und im Frühbeetkasten oder im unbeheizten, schattierbaren Gewächshaus bis zur Fruchtreife weiter kultiviert (ÖBG Bayreuth: M. Lauerer)

 

 

Haltende Gärten / Einrichtungen


Botanischer Garten der Universität Marburg
IPEN Level Zugang Herkunft Wiederans. Web
DE-1-MB-2012/0047 2 2009 Bayern

 

Ökologisch-Botanischer Garten der Universität Bayreuth
IPEN Level Zugang Herkunft Wiederans. Web
mehrere 3 alle Jahre wieder Bayern, Passau, Bayrischer Wald/Stüblhäuser Wiederansiedlungen immer wieder

 

 

Wiederansiedlung

Die Art wird im Bayerischen Wald inzwischen auf Brandflächen angesät, und die Flächen werden zur Förderung der Mykorrhizabildung mit Schaf- und Ziegenkot beimpft. Drei der fünf verbliebenen Vorkommen gelten als abhängig von Ansaat bzw. Nachsaat aus Kulturbeständen autochthonen Materials. Der ÖBG Bayreuth beherrscht die Produktion großer Samenmengen. An mehreren Stellen verlief die Ansiedlung erfolgreich. „Besondere Beachtung verdient die in diesem Jahr initiierte Wiederbeweidung der alten Dreisessel-Weiden. Die Besonderheit und Attraktion einer behirteten Ziegenherde auf historischer Fläche ermöglicht die Verbindung ökologischer Gesichtspunkte des Artenschutzes mit kulturhistorischen Aspekten der Wiederbelebung alter Kulturtraditionen wie der Hutweide und schafft damit Raum für wichtige Synergieeffekte“ (Zipp 2011). Der BG Linz (Österreich), Roseggerstraße 20-22, A- 4020 Linz (verantw. Thomas Engleder) brachte Samen in rezenten Vorkommen im Mühlviertel in Oberösterreich aus (S. Brunzel).